Fortnum & Mason’s Smoky Earl Grey
Diesen rauchigen Tee-Klassiker gibt es im Londoner Luxuskaufladen »Fortnum & Mason« bereits seit 1935 in unveränderter Rezeptur. Es wurde langsam Zeit, dass ich ihn mal probiere. Ich hatte ja bereits kürzlich einen Artikel zum Thema »Earl Grey« verfasst. Daher wissen wir, dass »Earl Grey« nicht gleich »Earl Grey« ist und dieser hier ist aufgrund seiner Rauchnote etwas Besonderes.
Wie ich zum Tee von »Fortnum & Mason« kam, kann ich nicht mehr genau sagen. Ich wünschte ich hätte eine schöne Geschichte zu erzählen, wie zum Beispiel ein US-Rezensent auf Amazon, dem der Tee vor Ort in London mit einer hübschen Queen-Anekdote ans Herz gelegt wurde. Meine Dose stammt leider ganz unsexy aus dem Internet, nachdem ich mich über britische Tees informiert hatte und neugierig auf den Rauch-Anteil im Earl Grey geworden bin. Wie auch immer – die hübschen Dosen in Türkis machen im Regal jedenfalls etwas her.
Der Laden selbst ist optisch ebenfalls ein Highlight. Mehr zu seiner Geschichte – in welcher Tee auch eine große Rolle spielt – kommt ganz bald.
Inhaltsverzeichnis ~ Shortcuts
Steckbrief & Zubereitungsempfehlung
Steckbrief | |
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Herkunft | China |
Tee-Garten | – |
Pflückung | – |
Blatt / Blattgrad | Broken inkl. Stängel |
Zugefügte Aromen | Rauch, Öl der Bergamotte |
Tassenfarbe | rotbraun |
Geschmacksnoten | Rauch, Zitrus, Holz, Erde |
Mundgefühl | herb, anhaltend, vollmundig |
Varietät | – |
Haltbarkeit/Lagerung | in einem luft- und lichtdichten Behälter bleibt der Tee etwa 18 Monate haltbar (lagerfähig) |
Preis auf 100 Gramm | rund 6,50 € vor Ort in UK rund 14,00 € bis 19,50 € inkl. Versand und Zoll |
Teeverkäufer / Händler | Fortnum & Mason, London |
Verpackungseinheiten | 250 g, Teebeutel |
Empfohlene Zubereitung | |
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Western ![]() | |
100 °C Teetasse ~ 200 ml: – 2 g Teekanne 1 l: 10 g Ziehzeit: 3 – 5 Minuten |
Herkunft des Tees – Alles Schall und Rauch
Ein Problem bei Prestige-Marken beziehungsweise Blendern (also Tee-Mischern, nicht den Augenwischern) ist allerdings, dass selten bis hie herauszufinden ist, woher genau der Tee stammt. Was wir wissen ist, dass dieser Grey eine Mischung aus Lapsang Souchong und Gunpowder ist, die mit dem Aroma der Bergamotte ergänzt wurde. Also haben wir es hier mit einem reinen chinesischem Tee zu tun, was bei Earl Greys nicht immer der Fall ist. Klassischer Weise werden nämlich auch indische Tees in die berühmte Mischung geblendet.
Lapsang Souchong heißt wörtlich übersetzt: der grobe Tee aus dem aufrechten Gebirge. Das Gebirge war ursprünglich das Wuyi Gebirge (Fujian), dem Sagen nach bereits seit 1646. Wie einst der Rauch in den Tee kam, ist nicht ganz klar. Je nach dem welcher Version man glaubt, war es wohl ein Zufallsprodukt. Nachdem Qing-Soldaten fliehen mussten, wollten diese verhindern, dass der geerntete Fujian Tee umkommt. Auf die Schnelle rösteten sie ihn über offenem Feuer und packten ihn unvollendet in Säcke, wo sich dann in Folge das Raucharoma entfaltete. Holländische Händler kauften ihn trotz des starken Dufts und hatten Erfolg damit, was in Folge die Nachfrage erhöhte.
Der Name erklärt sich aus dem Fuhou Dialekt. La (= Pinie) und Sang (= Holz) wurde zu Lapsang und bildet also den rauchigen Anteil im Namen. Souchong stand ursprünglich für die Definition des Blattgrades. Es beschrieb die »kleine Sorte« der Blätter. Später wandelte es sich als Bezeichnung für den Pflückstandard, wo es heute die groben vierten und fünften Blätter des Strauchs meint. Tatsächlich aber kann der Tee aus allen Blättern des Strauchs hergestellt werden. Die gröberen Blätter haben lediglich den Vorteil aufgrund ihrer Struktur gefälliger für das Aroma zu sein.

Wie kommt der Rauch heute in den Tee?
Der Tee hieß auch nicht immer so. Anfangs fand man ihn auch noch unter Smoky Souchong. Heute ist der Begriff Lapsang Souchong allerdings längst zu einer Marke geworden.
Wie alle schwarzen Tees durchläuft auch der Lapsang Souchong einen Oxidationsprozess. Beim Räuchern gibt es zwei Methoden – die mit Kalt-Rauch und der heißen Variante. Bei der ersten Methode (kalt) werden die Teeblätter einfach in einer Räucherkammer unter Anwesenheit von Rauch verarbeitet. Der wesentliche Rauchanteil wird in der letzten Trockenphase zugeführt. Etwa fünf bis sechs Stunden wird der Tee in Stoffbeuteln in der Pfanne geröstet. Nach dem in Form bringen werden die Blätter etwa acht bis zwölf Stunden in der Räucherkammer getrocknet.
Hot Smoke erfahren Blätter, die von mehreren Farmen gesammelt werden und bereits teiloxidiert sind. Hierbei befinden sich Holzlatten auf denen der gemischte Tee über mehrere Etagen verteilt wird. In der Räucherkammer wird dann heißer Rauch eingesetzt. Die Etagen regeln dabei wie nah oder wie weit der Tee an der Feuerquelle liegt. Kommt der Lapsang Souchong aus Taiwan statt China ist er in der Regel stärker geräuchert und hat oft den Vorsatz Tarry.
Das grüne Schießpulver
Der zweite Basis-Tee-Anteil ist der grüne Gunpowder. Wenn man allerdings den trockenen »Smoky Earl Grey« genauer unter die Lupe nimmt, sieht man, dass dieser Anteil nur einen geringen Prozentsatz ausmacht. Die grünen Brocken sind zwar zu sehen, jedoch tauchen sie nur gelegentlich zwischen dem vielen Lapsang Souchong auf.
Gunpowder stammt häufig aus der Provinz Zhejiang in China und hat seinen Namen aufgrund der Endform des Tees erhalten. Die Blätter werden hierbei nämlich zu Kügelchen gerollt, die an Schwarzpulverkörner erinnern. Das Rollen zu Kugeln hat eine lange Tradition in China und geht bis auf die Zeit 618 bis 907 nach Christus zurück.
Früher hatte man dazu die Hände genommen, heute erledigen diesen Schritt in der Herstellung meistens Maschinen. Davon ist auch bei unserem »Smoky Earl Grey« auszugehen. Rein optisch sieht man die Kugeln ohnehin nicht, da der gesamte Tee lediglich gebrochene Blätter ausweist. Ich gehe davon aus, dass hier nicht auf die beste Qualität zurückgegriffen wird, da der Rauch ohnehin die meisten Aromen überdeckt.

Tee auf Wunsch des Palastes
»Fortnum & Mason« ist nun bereits seit 1707 Hoflieferant des britischen Königshauses. Von Queen Anne, über King George und Queen Victoria bis zu der heutigen Queen Elisabeth II genießen die Monarchen unter anderem auch Tee aus dem als eingesessenen Kolonialwarenhaus auf dem Piccadilly. Dieses führt von Campingausrüstung, Kleidung, über exklusive Dosen-Delikatessen und Picknickkörbe eben auch Tee.
Laut dem Unternehmen entstand 1935 der Wunsch im Königshaus nach einem Tee mit mehr »Oompf!«. Das Ergebnis war diese Mischung aus Lapsang Souchong und Gunpowder, verfeinert mit dem Öl der Bergamotte.
Lange Zeit war dies der einzige »Earl Grey«, den Fortnum’s in seinem Sortiment führte. Inzwischen gibt es noch andere Variationen wie »Classic Earl Grey« sowohl in schwarz als auch in grün oder dem sanfteren »Countess Grey«, der sich in seiner Namensgebung auf die Ehefrau des zweiten Earl Grey, Charles Grey bezieht.
Da inzwischen Greys, die Lapsang Souchong in ihrer Mischung enthalten, recht selten geworden sind, erfreut sich der von »Fortnum & Mason« weiterhin großer Beliebtheit. Und hat aus genau diesem Grund auch mein Interesse geweckt.

Tee-Aufguss – Optik, Duft und Geschmack
Nun zum »Smoky Grey« selbst. Wie erwähnt sind die Tee-Blätter Bruch. Es gibt ihn auch als Teebeutel, den ich aber bisher selbst nicht probieren konnte. Daher kann ich nicht sagen, ob die Qualität im Teebeutel die gleiche ist, wie als lose Mischung. Ich habe die Dose mit 250 Gramm Inhalt hier und schon beim Öffnen ist der rauchige Lapsang Souchong nicht zu verfehlen. Der Rauchanteil ist deutlich wahrnehmbar. Das wird auch nach dem Aufguss so bleiben.
Ansonsten finden sich zwischen den Blättern auch einige Stängel, was den Geschmack allerdings nicht wesentlich beeinträchtigt, aber natürlich die Füllmasse beeinflusst. Die für den Earl Grey so typische Bergamotte, rieche ich nur raus, wenn ich die Augen schließe und ganz genau hinschnuppere. Der Rauch ist recht dominant.

Nach dem Aufguss erkennt man die grünen Gunpowder-Blätter besser. Insgesamt ist der Tee nicht besonders komplex. Dennoch lässt sich neben dem Rauch, auch die erwartete Bergamotte und etwas Holz und Erde herausschmecken. Allerdings empfinde ich die Bergamotte insgesamt für einen Earl Grey zu schwach. Mir persönlich wären etwas weniger Rauch und mehr Bergamotte lieber gewesen. Andere, die den Tee probierten, beschrieben ihn jedoch als ausgewogen. Das ist also subjektiv.
Der Auftrag lautete »Oompf!« und der wurde erfüllt. Man kann den Tee gut süßen oder Milch hinzufügen, wozu er ja auch ausgelegt wurde. Er schmeckt pur leicht herb, aber angenehm und bleibt anhaltend im Gaumen. Das Mundgefühl ist angenehm und wider Erwarten überhaupt nicht adstringierend, was für mich immer ein Plus ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass er auch eine Fleischspeise gut komplementiert.


Tee Zubereitungshinweise & Preis
Den Aufguss habe ich laut Empfehlung gemacht. Also zwei Gramm oder ein Teelöffel auf 200 ml bei 100 Grad Wassertemperatur. Die Ziehzeit wird mit drei bis fünf Minuten angegeben. Ich bin bei drei geblieben, da ich fünf Minuten nur mit Süßungsmittel ertragen kann und Milch für mich ohnehin nicht in Frage kommt. [Sorry an die Briten unter uns, die mich jetzt bestimmt schlagen möchten.]
Für mehrere Aufgüsse eignet sich der Tee – wie nahezu alle aromatisierten Schwarztees – nicht wirklich. Aber er entwickelt eine sehr schöne rostrote Tassenfarbe, die im weißen Porzellan gut zur Geltung kommt.
Ist er seinen Preis wert? Nun, das ist schwer zu sagen. Legt man den eigentlichen Preis von 13,95 Pfund [oder 16,30 Euro] auf 250 Gramm zugrunde, macht das für eine Tasse (á 200 ml) lediglich 0,13 Euro aus. Daher ist der Tee preislich absolut im grünen Bereich, vor allem wenn man bedenkt, dass »Fortnum & Mason« ein Luxus-Händler ist. Auch entspricht dieser Preis der Qualität.
Jetzt kommt das Aber. Denn Fortnum’s selbst liefert aufgrund des Brexits aktuell nicht mehr nach Deutschland. In Folge kauft man den Tee entweder bei einem Besuch in London vor Ort oder aber man weicht auf andere Händler aus. Bei Amazon gibt es den »Smoky Earl Grey« aktuell nicht, bei eBay wird er im Moment für 49,00 Euro (inklusive Versand und Zoll) angeboten und da fällt die preisliche Kalkulation natürlich ganz anders aus. Mit 250 Gramm kommt man zwar eine Weile aus, aber hier befinden wir uns dann in einem Missverhältnis aus Qualität und Preis. Für diesen Preis könnte man sich etwas Feineres und Komplexeres leisten.

Mein Fazit
Als Abwechslung zu einem Standard-Earl-Grey ist dieser Tee durchaus zu empfehlen. Und für alle, die insgesamt gerne Raucharoma mögen. Ich kann mir vorstellen, dass Liebhaber von rauchigen Ila Whiskys hier auch auf ihre Kosten kommen. Vielleicht als Nachmittagstee? Warum nicht?
Sowohl pur, als auch mit Milch und Zucker kommt der »Smoky Earl Grey« nämlich in einer guten Qualität daher. Ich würde ihn nachkaufen, aber nur, wenn ich die Gelegenheit habe in London einzukaufen oder wenn Fortnum’s wieder einen Versand nach Deutschland anbietet. Für den aktuellen Preis muss ich dann leider passen.
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Quellen:
Bildnachweise (falls nicht in Bildunterschrift vermerkt):
Beitragsbild: Kannenweise
Web:
Homepage Fortnum & Mason, Produktseite Smoky Earl Grey , Stand 06.06.2022
Wikipedia (EN), Artikel Lapsang Souchong, Stand 06.06.2022
Tea-Pedia, Artikel Gunpowder, Stand 06.06.2022