Oolong (Blau-Grüne Tees), Tee des Monats

Oolong »Qi Lan (Mingjian)« – Die Entdeckung einer seltenen Orchidee

Teegeschäfte haben in meiner Welt etwas mit Buchgeschäften gemeinsam: wann immer ich einen Laden dieser Gattungen betrete, gehe ich so gut wie nie mit leeren Händen. Auf diese Weise kam ich auch in den Besitz meines ersten »Qi Lan« Oolong.

Für gewöhnlich brauche ich keinen besonderen Grund, um einen Teeladen aufzusuchen. Ich sehe einen – ich gehe hinein – ich kaufe Tee (vorzugsweise einen, den ich noch nicht kenne). So simpel gestrickt bin ich in Sachen Tee-Erwerb. Hier aber hatte ich einen Grund. Zuvor hatte ich nämlich an einem Porzellan-Workshop teilgenommen. [Vielleicht mache ich zu gegebener Zeit einen entsprechenden Beitrag mit den Ergebnissen aus diesem Kurs. Allerdings muss ich bereits warnen, dass ich nicht ganz so talentiert in der Herstellung bin, wie in der Bewunderung des Materials]. Dort jedenfalls kam ich über die sieben Ecken der Homepage unserer Kursleitung auf die Teeschalen ihres Partners.

In seine Teeschalen habe ich mich auf den ersten Blick verliebt. Die zarte Rauheit, mit welcher der Ton verarbeitet wurde, hatte es mir angetan. Bisher kannte ich Ton nämlich eher in plump und schwer. Hier aber lag die Schale herrlich leicht zwischen meinen Fingern und rief »du brauchst mich unbedingt«.

Fotos: Kannenweise

Tomasz Niedziółka ist der Künstler, der neben Skulpturen und Photographien auch diese wunderbaren Teeschalen erschafft.

Schale und Tee gehen Hand in Hand

Kaufen kann man die kleinen Kunstwerke von Tomasz vor allem in seinem Kölner Atelier. Ich bin jedoch ziemlich gehemmt mit Künstlern direkt in Kontakt zu treten. Meine Introvertiertheit stand also zunächst zwischen den Schalen und mir. Glücklicherweise sind sie auch im »Teehaus Cöln« zu erwerben. Neben diesen wird hier übrigens auch Teezubehör weiterer Künstler angeboten. Es ist ein wirklich schöner Laden, den ich uneingeschränkt sowohl für Tee, als auch für alles Weitere empfehlen kann. Vor allem denen, die etwas Besonderes suchen.

Für eine Schale hatte ich mich schnell entschieden – sie hatte mich ja schon gerufen. Aber ich kann ein Teegeschäft nun einmal schlecht ohne Tee verlassen. Im »Teehaus Cöln« findet der Teefreund ausschließlich qualitativ hochwertigen Tee, der aus kleinen Gärten stammt, die der Besitzer persönlich aufsucht und auswählt. Einen Zwischenhändler gibt es nicht. Das ist auch bei der engagierten Beratung zu merken. Der »Qi Lan« landete also auf Empfehlung des Verkäufers in meiner Einkaufstasche. Und, um dem Fazit vorzugreifen: ich habe es nicht bereut.

Eine kleine Anekdote möchte ich noch loswerden, bevor ich zur eigentlichen Teevorstellung komme. Während der Verkäufer von diesem Oolong schwärmte, öffnete er die Dose, um mir eine Duftprobe zu ermöglichen. Die Dose wollte ihren wertvollen Inhalt nicht direkt freigeben. Sie klemmte. Er aber wollte seine Begeisterung unbedingt mit mir teilen, zerrte am Deckel, bekam ihn schließlich ab und verteilte dabei einen großen Teil des Tees auf dem Boden des Ladengeschäfts.

Wir hielten beide die Luft an. Der gute Tee! Er konnte ja aus hygienischen Gründen nur noch in den Abfall. Für einen Moment starrten wir auf diese kostspielige Verschwendung und litten gemeinsam. Jedenfalls musste ich den Tee im Anschluss an diesen Moment des Horrors einfach mitnehmen.

Steckbrief & empfohlene Zubereitung

Steckbrief
HerkunftTaiwan, Nantou Region, Mingjian
Tee-GartenChen
PflückungFrühling / Herbst
Blatt / Blattgradganzes, großes Blatt unterschiedlicher Größe,
inklusive junger Stängel
Zugefügte Aromen
Tassenfarbegold-gelb
Geschmacksnotenfloral (Flieder, Lilie, Orchidee), fruchtig (Zitrone, Rosine)
Mundgefühllieblich, frisch, ausgewogen, süßlich, geschmeidig, breit
VarietätQi Lan (Camellia sinensis var. sinensis)
Haltbarkeit/Lagerungin einem luft- und lichtdichten Behälter bleibt
der Tee mehrere Jahre aromatisch (lagerfähig)
Preis auf 100 Gramm20 € bis 29,00 €
Teeverkäufer / HändlerTeehaus Cöln (auch erhältlich bei z. B.
Schnorr – Feinste Tees & Gewürze)
Verpackungseinheiten 10 g, 50 g
Empfohlene Zubereitung
Western Eastern

95 °C
Teetasse ~ 250 ml: – 2 g
Teekanne 1 l: 8 g
Ziehzeit: 2 Minuten



95 °C
Gaiwan ~ 110 ml: 5 g
bis zu 6 Aufgüsse
Ziehzeit: 30 Sek. ~ 40 Sek. ~ 70 Sek.
~ 90 Sek. ~ 120 Sek. ~ 180 Sek.

Hintergrund und Herkunft des Tees

Mein »Qi Lan« Oolong nennt sich genauer: »2011 Qi Lan (Mingjian)«. Sprich, es ist eine 2011er Ernte aus einem kleinen Garten in Mingjian. Manch einer wird sich vielleicht fragen: einen zehn Jahre alten Tee trinken? Schmeckt gealterter Tee überhaupt noch? Hierauf gibt es eine ausweichende Antwort: kommt ganz darauf an!

Einen Darjeeling First Flush oder einen sanften grünen Tee würde ich nicht zehn Jahre lang aufbewahren, sondern recht zügig aufbrauchen, denn das Aroma leidet in diesen Fällen bereits innerhalb weniger Monate. Aber einige weiße Tees, Oolong und vor allem Pu-Erh sind absolut lagerfähig (gute Qualität vorausgesetzt). Der Geschmack kann sich verändern – bei reifen Pu-Erh ist das sogar gewollt. Einen ganz anderen Tee trinkt man aber auch dann nicht. Daher ruhig Mut zu einem gelagerten Oolong!

Der Tee-Garten liegt im Nantou Bezirk in Taiwan. Mingjian selbst vereint 23 Dörfer und ist die zweit kleinste Gemeinde Taiwans. Geografisch gesehen blickt der »sehr nasse Ort« (wörtlich für Mingjang) in Richtung chinesisches Festland auf Fujian – ein bekanntes, chinesisches Tee-Anbaugebiet.

Quelle: Basiskarte NordNordWest via Wikimedia Commons under CC BY-SA 3.0 – bearbeitet durch Kannenweise

Bei »Qi Lan« handelt es sich um eine recht selten gewordene Varietät der Camellia Sinensis. Daher ist der Tee ebenfalls rar und taucht nur gelegentlich im Tee-Sortiment lokaler Händler auf. Kaum jemand baut den Kultivar noch an. Es ist auch nicht ganz gesichert, wo der Ursprung dieser Varietät liegt. Fest steht, dass die Pflanze ihre Wiege auf dem chinesischen Festland hat – vermutlich Fujian oder Guangdong.  

Die seltene Orchidee

Speziell der »2011 Qi Lan« stammt aus einem kleinen Tee-Garten und wurde unter der Leitung von Atong (Huan Tan) Chen hergestellt. [Was ihn noch einmal aufwertet, denn Atong Chen ist in Taiwan ein hochgeschätzter Tee-Meister sowie Autor mit tiefem Teewissen]. Zusammen mit seinem Bruder, dem der Garten gehört, stellt er diesen Tee in traditioneller Weise her. Industriell verarbeitet wird ein »Qi Lan« Oolong nicht zu finden sein, da die Erntemenge das nicht hergibt.

Üblicherweise wird bei dieser Varietät im Frühling und Herbst geerntet. Welche der beiden Ernten sich in meiner Teedose befindet, kann ich leider nicht mehr nachvollziehen. Beim Kauf hätte der Verkäufer mir mit dieser Information sicher dienen können, aber ich hatte nicht daran gedacht zu fragen.

Zwei seiner Kennzeichen trägt der Oolong übrigens bereits in seinem Namen. »Qi Lan« (奇兰) heißt nämlich so viel wie seltene Orchidee. Die Seltenheit habe ich zuvor schon erwähnt und die Orchidee deutet auf die blumigen Noten dieses Oolong hin.

Bild: Artem Beliaikin via unsplash

Tee-Aufguss – Optik & Duft

Die Blätter sind zu kleinen Kugeln gedreht, die im trockenen Zustand bereits süßlich duften. Im Geruch erinnern sie mich ein kleines bisschen an Rosinen. Aufgegossen öffnet sich das Blatt ausgesprochen schön und gibt ganze Blätter in unterschiedlichen Blattgrößen frei. Es ist wirklich eine Freude dem Tee bei seiner Entfaltung zuzuschauen. In meinem Aufguss habe ich Blätter in der Größe von drei bis etwa fünf Zentimetern gefunden.

Das trockene und aufgegossene Blatt │ Fotos: Kannenweise

Die sichtbaren Stängel sind bei einem Oolong übrigens kein Qualitätsmangel – anders als bei uns im Westen häufig angenommen. Taiwanesen werden das bestätigen. In diesem Fall sind sie ein bewusster Bestandteil des Aufgusses und verstärken das Aroma. Es sind zarte Zweiglein von den obersten Blättern; also kein Abfall oder schlechte Sortierung.

Die Blätter sind unterschiedlich groß mit vereinzelten Stängeln │ Foto: Kannenweise

Der »Qi Lan« ist ein mittelstark gerösteter und oxidierter Oolong. Am offenen Blatt sieht man das deutlich. Es sind große grüne Flächen zu erkennen. Die Oberfläche an sich ist durch kleinere braune Flecken und Ränder insgesamt aber recht bunt.

Aufgegossen bewegt sich der Tee farblich in Richtung gold-gelbe Tasse. Er entfaltet einen milden Duft mit blumigen Noten von Flieder, Lilie oder eben der namensgebenden Orchidee.

Der kleine Kerl schaut etwas traurig drein, hat aber keinen Grund dazu, denn der gold-gelbe Oolong schmeckt ausgezeichnet │ Foto: Kannenweise

Tee-Geschmacksnoten

Geschmacklich kommt dann, was der Duft schon vorwegnimmt. Er schmeckt leicht und spritzig. Insgesamt wirkt der Tee recht ausgewogen auf mich. Eine angenehme Süße kommt durch und die Frische durch eine unterschwellige Zitrusnote. Trotz der Milde füllt der »Qi Lan« den gesamten Mundraum aus und hinterlässt ein angenehm samtiges sowie breites Mundgefühl. Meiner Meinung nach ist das ein ausgezeichneter Oolong, der auch Anfängern schmecken sollte.

Die gute Qualität macht ihn zudem zu einem leicht zuzubereitenden Tee. Ganz gleich, wie lange die Blätter ziehen, er wird nicht bitter. Dieser Oolong verzeiht damit großzügig eventuelle Zubereitungsfehler und lädt zum Experimentieren ein. Ohnehin ist das etwas, was niemand scheuen sollte, um das persönlich beste Geschmackserlebnis herauszufinden. Das kann durchaus bei den empfohlenen zwei Minuten mit kochendem Wasser enden (wählt man die westliche Zubereitungsart).

Ich ermuntere aber grundsätzlich immer ein wenig herumzuprobieren, denn gerade bei Oolong gibt es eigentlich keine präzise Ziehzeit. Persönlicher Geschmack ist der Schlüssel.

Zubereitungshinweise & Aufgüsse

Bei so ziemlich jedem Oolong empfehle ich daher die östliche Zubereitungsart. Mit einem Gaiwan oder nach der Gong Fu Cha Methode lassen sich die Blätter bis zu sechs Mal aufgießen. Auch hier gilt jeder, wie er mag. Sobald der Tee beginnt flach zu schmecken, hat das Blatt jedoch ihr Bestes für den Teegenießer gegeben.

Mit etwa fünf Gramm auf 200 Milliliter verändern sich mit jedem Aufguss die Noten. Dabei wird die Ziehzeit sukzessive in etwa Zehn-Sekunden-Schritten erhöht. Die spritzige Note weicht einer kräftigeren, süßlichen. Der fruchtige Teil kommt wesentlich stärker durch, je häufiger die Blätter mit kochendem Wasser übergossen werden. Das ist immer wieder spannend zu entdecken und ein deutlicher Vorteil gegenüber der westlichen Zubereitung.

Dazu kommt, dass ein mehrfacher Aufguss ergiebiger ist und so einen höheren Preis rechtfertigt. Wobei der Tee ohnehin ein gutes Preis-Leistungsverhältnis hat (meiner Meinung nach). Ich meine mich zu erinnern, dass meine 50 Gramm um die 20 Euro gekostet haben. Aktuell ist der Tee beispielsweise im Onlineshop von Schnorr gelistet, wo 50 Gramm 29,95 Euro kosten.

Auf 5 Gramm für 200 ml heruntergerechnet macht das einen Preis von etwa 3 Euro für einen Aufguss, trinkt man aber mehrere Aufgüsse, reduziert er sich auf etwa 0,60 Euro pro Tasse. Und das ist nicht teuer, oder?

Wie auch immer, für mich ist der Tee den Preis wert. Denn man erhält einen besonderen, inzwischen selten gewordenen Oolong, mit mildem, breitem Geschmack, an dem man auf jeden Fall seine Freude haben wird.

Fazit

Ich werde ein wenig wehmütig bei dem Gedanken, dass sich mein persönlicher Vorrat langsam, aber sicher dem Ende neigt.

Insbesondere empfinde ich ein wenig Traurigkeit darüber, dass bei meinem Einkauf so viel des Tees im Abfalleimer landen musste. Es ist ein ausgezeichneter Tee, der mir besonders abends schmeckt und den ich gerne aufstocken würde. Und an dieser Stelle kommt der traurige Seufzer; denn so leicht ist der Tee vor Ort nicht zu bekommen. Daher mein Verweis auf den Online-Kauf. Der »Teehaus Cöln« hat ihn aktuell leider nicht im Sortiment.

Meine Empfehlung wäre also; wenn der Tee einem zwischen die Finger gerät – unbedingt mitnehmen und mir hier einen Kommentar hinterlassen, über eure Erfahrungen mit dieser seltenen Orchidee.

Ausgezeichnet! Nachschlag bitte. [Und noch ein wenig für später.]
Waiting for the next one. See you next time! │ Foto: Kannenweise

Quellen:

Bildnachweise (falls nicht in Bildunterschrift vermerkt):
Beitragsbild: Kannenweise

Web:
Homepage Teapedia, Stand 25.07.2021
Wikipedia, Artikel Mingjian, Stand 25.07.2021
Wikipedia, Artikel Mingjian (englisch), Stand 25.07.2021
Online-Shop Schnorr Feinste Tees & Gewürze, Stand 25.07.2021

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